Eintauchen in fremdes Leben, in fremde Rollen, das hat mich schon immer fasziniert, sei es als Fünfjährige, die sich hinter der schützenden Wand des Kasperltheaters versteckt und nur durch das Spiel der Puppen in Erscheinung tritt oder als Jugendliche auf der Schultheaterbühne.
Auch Bücher bieten den Blick in fremde Lebenswelten. Literatur spielte daher für mich immer eine Rolle, jedoch eine unter vielen. Musik, Kunst, Theater und vor allem der Film haben mich mindestens genauso fasziniert. Der Weg zur Autorin war daher keineswegs vorgezeichnet. Ich wäre viel lieber Schauspielerin geworden, wenn ich nur talentierter und mit weniger Lampenfieber gesegnet gewesen wäre. Restauratorin ist ebenfalls ein Beruf, der mich fasziniert hat: Kunstobjekte nachschaffend, hätte ich letztlich nichts anderes getan, als in die Rolle des ursprünglichen Künstlers zu schlüpfen. Nachdem ich eine Dokumentation zur Restaurierung der Nibelungenfilme von Fritz Lang gesehen hatte, wollte ich unbedingt Stummfilme restaurieren und die in ihnen geschaffenen Welten vor dem drohenden Verfall retten.
Die Realitäten des Arbeitsmarktes erdeten schnell alle hochfliegenden Pläne. Das Interesse an Altem und von Verfall Bedrohtem haben mich beruflich durch diverse Archive geführt. Die kreative Auseinandersetzung mit fremden Welten blieb jedoch aus. Ich trat den Rückzug in die innere Emigration an und entdeckte dort unverhofft eigene Welten, die ich zunächst in Form von Drehbüchern und später in Romanform Gestalt verliehen habe.
(Fotos: Ian Umlauff)