In dem Bemühen, den belletristischen Self-Publisher aus der literarischen Schmuddelecke zu befreien, werden Self-Publishing Verlage und auch Autoren nicht müde zu betonen, dass Autoren nicht aufgrund der Absagen renommierter Verlage ihr Heil im Selbstverlag suchen, sondern aufgrund der besseren Kontrolle über die eigene Veröffentlichung und den damit verbundenen, größeren gestalterischen Freiheiten. Ob dies der Wahrheit entspricht oder sich hier eher ein gewisses Maß an Autosuggestion und Verdrängung offenbart, sei einmal dahingestellt.
Ein näherer Blick auf die vielbeschworenen Freiheiten des Self-Publishers offenbart sehr schnell ihre Grenzen. Der Autor ist in den seltensten Fällen in der Lage, alle notwendigen Dienstleistungen in einer marktfähigen Qualität in Eigenleistung zu erbringen. Er wird sich Dienstleister suchen, die er zwar selbst auswählen kann, aber auch aus eigener Tasche bezahlen muss. Spätestens hier tut sich schnell die Schere des künstlerisch Wünschenswertem und finanziell Machbaren auf. Gerade Marketingaktionen, die auf größere Reichweite zielen, sind aus privater Hand nicht zu finanzieren.
In der Tat muss ich gestehen, dass ich mich in puncto Marketing weder als frei noch als sonderlich freudvoll erlebe. Es gab jedoch einen Arbeitsschritt im Rahmen meiner Buchveröffentlichung, in der ich meine Freiheit als Self-Publisher tatsächlich genossen habe.
Für die Covergestaltung von Driving Phil Clune konnte ich Ian Umlauff gewinnen: Kameramann, Fotograf, Grafiker, Journalist, Kunstlehrer, Multitalent. Meinen eher schwammigen Vorstellungen („erleuchtetes Taxischild vor nächtlicher Stadtkulisse“) verlieh er Kontur und Dynamik. Insbesondere die Idee, das Foto aus dem fahrenden Auto heraus aufzunehmen und dynamische Bewegungsstreifen zu erzeugen, leuchtete mir ein. Schließlich ist Geschwindigkeit ein zentrales Motiv des Romans.
Nun musste noch ein Taxi gefunden werden, das uns allein gegen Erstattung der Benzinkosten Modell stehen sollte. Leider fand sich kein Taxifahrer, der uns ohne laufenden Taxameter bedient hätte. Da ich nicht allein für die Bereitstellung eines Taxis 200 Euro zahlen wollte, bastelte ich schnell an Plan B. Da war mir das große Internetauktionshaus mit Direktanbietern aus Hongkong eine große Hilfe. So bestellte ich kurzerhand für 25 Euro ein Taxischild aus Fernost, das mit zwei Magneten am Autodach meines weißen Toyotas rückstandsfrei zu fixieren war. Hinter dem Taxischild wurde die Kamera mit zahlreichen Gurten und per Saugnapf am Autodach befestigt. Die richtige Neigung wurde eingestellt und das Taxischild auf der der Kamera abgewandten Seite mit schwarzem Isolierband abgeklebt – zur Vermeidung von Missverständnissen anderer Verkehrsteilnehmer. Dann ging es ab auf die B9 durch Bonn Bad Godesberg, das für einen kurzen Moment noch einmal hauptstädtischen Glanz simulieren durfte. Um weitere „Glanzpunkte“ zu setzen, versprühte Ian Wassertropfen auf dem Autodach, die, dem Fahrtwind geschuldet, immer wieder erneuert werden mussten. Von seinem Laptop im Auto sitzend konnte er während der Fahrt die Dachkamera auslösen. Das entstandene Foto ist eine Montage aus zwei kurz hintereinander ausgelösten Aufnahmen. Leider waren wir am Sonntagabend relativ allein auf der Straße, so dass erst die Montage zweier Aufnahmen genügend Lichtstreifen für ein Bild lieferten, das den kritischen Fotografen kompositorisch überzeugen konnte.
Das Ergebnis gefällt mir nach wir vor außerordentlich gut. Ich hatte anfangs die Befürchtung, dass ein solches Foto zu „stylisch“ für eine Komödie wäre und falsche Erwartungen an den Buchinhalt wecken könnte, aber Ian hat durch die passende Wahl der Schrift keinen Zweifel an der korrekten Genrezugehörigkeit aufkommen lassen und meine Bedenken zerstreut. Noch in derselben Nacht bekam ich Post mit dem fertigen Umschlagentwurf. Zum ersten Mal konnte ich einen Blick auf mein Baby werfen, mit dem ich so viele Monate schwanger gegangen war. Und natürlich findet eine Mutter ihr Kind wunderbar…
Schreibe einen Kommentar