Die Covergestaltung von Corpus delectat lag auch diesmal in bewährter Hand. Ian Umlauff war direkt zweifach gefordert: Es ging nicht nur darum, die Kamera auf ein vorgefundenes Motiv zu halten; das Motiv musste erst noch geschaffen werden. Nichts lag natürlich näher, als den namensgebenden Corpus auf die Titelseite zu bringen. Was die Beschaffung eines nachgebildeten zerfetzten Leichenteils betrifft, konnten wir auf kein verfügbares, käuflich zu erwerbendes Angebot hoffen, dass anatomisch dem nahe kam, was im Roman beschrieben wird. So blieb nur, selbst Hand anzulegen.
Und da kam es sehr gelegen, dass Ian durch seine Arbeit beim Roten Kreuz mit zerstörter menschlicher Anatomie in allen Spielformen vertraut ist. Er legte mir zu Beginn unserer Lagebesprechung Bilder von nachgestellten und echten verstümmelten Körperteilen vor. Ehrlich gesagt: so genau wollte ich es gar nicht wissen. Ich kämpfte gegen aufkommendes Unwohlsein und plädierte für die Ausgestaltung eines eher kleinen Details, eines Armstumpfs. Der Rest sollte gnädig unter einem Handtuch verborgen bleiben. Allzu splattermäßig sollte das Titelbild nun auch nicht erscheinen. Schließlich handelt es sich um eine Komödie, wenn auch eine schwarze.
In tagelanger Arbeit wurde ein Styroporkorpus ausgestaltet. Zunächst wurde der Rücken „geschliffen“ um eine sicherere Liegeposition zu erzielen. Der Armstumpf wurde modelliert und Muskeln und Haut farblich ausgestaltet. Ein kleines zurechtgeschnittenes Holzstück , das den gesplitterten Armknochen darstellte, wurde aufwändig bemalt und anatomisch korrekt in den Styroporarmstumpf platziert.
Zur Aufnahme wurde der Korpus auf einer Art OP-Tisch aufgebahrt, über den die Kamera gehängt wurde, um das Arrangement aus der Aufsicht aufzunehmen. Die „Leiche“ wurde von einem Handtuch bedeckt, das so um den Körper drapiert wurde, dass sich die Umrisse abzeichneten, um das Kopfkino in Gang zu setzen. Damit jedoch keine Unklarheiten über die künstliche Natur des abgebildeten Gegenstands aufkommen, wurde das Arrangement durch Pinsel und Farbtöpfe ergänzt. Ein realer Schminkkoffer auf der verschatteten Seite des Bildes verlieh zusätzliche Authentizität.
In der Postproduktion wurden die Bildränder noch eingedunkelt, um den Blick auf die einschneidenen Details zu lenken. Die vertraute Schriftart sorgte für die inhaltliche Anbindung an „Driving Phil Clune“.
Ein so individuell auf den Buchinhalt abgestimmtes Cover ist selbst in einem Publikumsverlag alles andere als selbstverständlich. In der Regel werden aus Kostengründen Bilddatenbanken bemüht. Umso mehr bin ich für den Aufwand, die Leidenschaft und die Detailliebe dankbar, die in das Cover geflossen sind und zur Freude veranlassen, denn:
Opus delectat!
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