Der Unterschied zwischen Böhmermanns Erdogan-Lyrik und Driving Tom Hanks
Keine Sorge. Das ist nicht noch eine Solidaritätsbekundung. Je ne suis pas Boehmi! Und gerade das bedauere ich. Böhmi lässt seiner künstlerischen Freiheit lauf. OK, er muss vor Gericht. Aber allein der öffentliche Druck wird verhindern, dass er verurteilt wird. Und selbst wenn er 3,50 Euro Strafe bezahlen muss, die Unterstützercommunity wird gewohnt furchtlos an seine Seite eilen und im selbstlosen Einsatz für die Pressefreiheit den Hut rumgehen lassen. Die einzige Strafe, die Böhmi wirklich ertragen muss, sind die vom Palimm-Palimm Politkabarettisten Hallervorden beigesteuerten Protestsongs. Ganz schmerzfrei geht es wohl nicht.
Ich bin nicht Böhmermann. Leider. Ich habe meiner künstlerischen Freiheit keinen Lauf gelassen und meinen Roman Driving Phil Clune nach juristischer Beratung mit weinendem Auge umgeschrieben. Tom Hanks musste einem fiktiven Phil Clune weichen. Nachdem mein Anwalt mir deutlich gemacht hatte, dass selbst ich als kleiner Self-Publisher in das Fadenkreuz von US-Staranwälten geraten kann, deren einzige Aufgabe es ist, den „Markennamen“ Tom Hanks zu schützen, habe ich im Anbetracht einer nicht vorhandenen Rechtschutzversicherung und meines auch ohne Klage geröteten Kontostands zum Zensurstift gegriffen. Dabei wollte ich Herrn Hanks gar nicht auf die anatolische Ziegenweide schicken, sondern nur auf urdeutsche Kaffeefahrt. Mit der Unschuld des Schreibens war es dann vorbei. Auch andere Prominente habe ich im Nachhinein anonymisiert. Ich habe auch erfahren, dass es justiziabel sein kann, Christian Anders mitsamt seinen Schlagern in den Zug nach Nirgendwo zu setzen. Er gilt in der Branche als Querulant.
Weil ich eben nicht Böhmi bin und mir im Zweifelsfall kein Verlag, kein Intendant und keine Unterstützercommunity zur Seite springt, habe ich meinem Text an einigen Stellen die Zähne gezogen. Es bleibt die ernüchternde Erkenntnis, dass hierzulande nur derjenige künstlerische Freiheit genießt, der es sich leisten kann.
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