oder Literaturagent Axel Poldner erzählt mir was vom Pferd.
Auf der Suche nach einem Literaturagenten für meinen neuen Roman Corpus delectat habe ich auch den Literaturagenten Axel Poldner kontaktiert. Googelt man den Begriff „Literaturagentur“ erhält man als einen der ersten Treffer einen Link auf die Homepage einer anscheinend grauen Eminenz des Agenturbusiness, eines Mannes, der, glaubt man den ausschweifenden Selbstzeugnissen, der Vater aller Literaturagenturen Deutschlands ist. Die Internetseite geizt nicht mit Referenzen aus Funk und Fernsehen, auch wenn diese schon etwas in die Jahre gekommen sind. Wie auch der Meister selbst, der mittlerweile schon längst seinen Ruhestand genießen könnte. Aber vielleicht ist es nicht das Geld, sondern die Lust am Entdecken und Fördern neuer Talente, die diesen Pionier der Talentescouts umtreibt. Könnte man meinen.
Auf mein Exposee und meine Leseprobe erhielt ich umgehend eine Antwort. Ich solle meine Postanschrift zuschicken, man würde sich mit mir in Kontakt setzen. Ich grübelte: Um eine Absage zu schreiben, bedarf es wohl kaum der Papierform. Eine Zusage konnte es aber auch nicht sein, schließlich hatte der Herr mein Exposee noch gar nicht zur Kenntnis genommen. Hätte er es getan, hätte er nicht nach meiner Postanschrift fragen müssen; die findet sich eben dort.
Um der Sache auf den Grund zu gehen, bedurfte es nur einer Internetrecherche zu Herrn Poldner. Es stellte sich heraus, dass er in den letzten Jahren regelmäßig wegen fragwürdiger Aktivitäten in die Presse und zuletzt in die Insolvenz geraten ist. Eine Bewährungsstrafe rundet das Gesamtbild ab. Herr Poldner lässt sich vor einer etwaigen Vermittlung gut bezahlen und sorgt damit zumindest für seine eigene „wirtschaftliche Basis“. Geschädigte Autoren haben vierstellige Summen bezahlt, ohne dass die Bücher an einen Verlag vermittelt wurden. Wie viel ernsthafte Vermittlungsbemühungen für das Geld tatsächlich geleistet wurde, bleibt offen.
Einen Eindruck von Herrn Poldners Engagement durfte ich nun selber gewinnen. Herr Poldner schrieb mir nach drei weiteren Tagen eine Mail komplett mit Vertragsangebot (480 Euro seien sofort zu entrichten) im Anhang. Er wäre von meinem Werk angetan und sähe große Möglichkeiten nicht nur als Verlagspublikation, sondern auch als Filmvorlage. Schließlich hätte er auch in die Filmwelt beste Verbindungen. Was will man mehr! Auch das Thema „Reiter und Pferd“ ließe sich bei dem passenden Verlag unterbringen. Moment! Reiter und Pferd?? Ich überschlage im Geiste noch einmal die Handlungen von Driving Phil Clune und Corpus delectat und suche den Pferdefuß. Und tatsächlich, wenn ich ganz genau hingucke, finde ich ihn, allerdings einzeln: In Corpus delectat spielt eine zerstückelte Pferdeleiche eine kleine Nebenrolle. Wie Herr Poldner es allerdings bewerkstelligen will, meinen Titel im Segment Pferderatgeber (mit Aussicht auf Verfilmung!) zu positionieren, wird sein Geheimnis bleiben. Es bleibt die Erkenntnis: Auch Pferdeäpfel stinken zum Himmel.
Wolfgang A. Niemann meint
Schade, dass ich erst jetzt auf Ihren Fall gestoßen bin, denn zu dem großen Herrn Poldner kann ich auch einiges sagen. Ich hatte ihn Mitte der 90er Jahre kontaktiert, weil ich zwei Politthriller endlich an einen Verlag bringen wollte. Er war hellauf begeistert, machte den Start seines garantiert erfolgsverprechenden Agenteneinsatzes aber nicht nur von einer dreistelligen Einstandsgebühr sondern von einem Lektoratsauftrag abhängig.
Zum Glück überließ ich dem Großmaul nur einige Kapitel zum „lektorieren“, die ich dann bearbeitet zurückbekam. Für ein völlig unangemessenes Honorar waren da diverse läppische Bleistiftkorrekturen im Text. Zum Teil regelrecht unsinnig, während ich andererseits sogar bislang unentdeckte Tippfehler fand, die offensichztlich übersehen wurden.
Ich habe die „Geschäftsbeziehung“ umgehend abgebrochen. Als ich Jahre später als Journalist und Buchkritiker auf der Frankfurter Buchmesse den Herrn Frieling erlebte, erinnerte mich dessen Auftreten und sein Bücheroutput heftig an Poldner, nur dass Frieling noch viel dreister aber auch erfolgreicher ist. Er fuhr damals Rolls Royce…
Gerade kürzlich habe ich im Übrigen ein Zeitungsinterview mit einer echten Literaturagentin geführt – bei der gibt es keine Vorabforderungen, erst mit Vertragsabschluss mit einem Vertrag werden Provisonen fällig. Und sie vermittelt auch nur Bücher, die ihr gefallen. Die Liste ihrer Klienten ist im Übrigen beeindruckend…
Mit besten Grüßen
Wolfgang A. Niemann